ES LÄUTET SCHON WIEDER ... ABER WARUM EIGENTLICH?

Das Glockenläuten zu unterschiedlichen Zeiten und Anlässen hat stets eine bestimmte Bedeutung, die vielen Menschen nicht immer so bewusst sein dürften. 

Der wichtigste Dienst der Glocken ist bis heute:

· äußerlich das Sammeln der Gemeinde zum Gottesdienst und

· innerlich der Ruf zur Sammlung bei der Andacht.

Auf dieser Seite möchten wir Ihnen deshalb einige bekannte und auch weniger bekannte Läuteanlässe näher bringen.

Das Sonn- bzw. Festtageinläuten

Viele Läutebräuche gehen auf das kirchliche Stundengebet zurück, das bis heute in Klöstern geübt wird, so auch das Geläut am Samstag bzw. am Vortag eines Festtags um 15 Uhr. Im Volksmund wird es auch „Dreileit‘n“ oder „Feierabendläuten“ genannt - der Christ soll die Arbeit nun ruhen lassen und sich auf den Tag des Herrn vorbereiten.

Dieser Brauch hat seinen Ursprung im Läuten zu Ersten Vesper am Vortag eines Sonn- bzw. Festtags. Mit dieser Vesper beginnt liturgisch gesehen der Sonn- bzw. Feiertag und wird deshalb auch akustisch besonders angezeigt.

Außerhalb der Klöster wird eher selten die Erste Vesper gebetet, das Läuten vor einem Sonntag- bzw. Festtag ist dennoch sehr verbreitet. Die Uhrzeit 15 Uhr hat sich in vielen Orten, so auch bei uns, eingebürgert, ist aber genau genommen eigentlich zu früh, da der übliche Zeitpunkt der Vesper der späte Nachmittag bzw. frühe Abend ist. Mancherorts, zum Beispiel im Fränkischen oder in Teilen Oberbayerns, wird oft um 14 Uhr geläutet, in Tirol sogar teilweise schon um 12 Uhr, in anderen Regionen wiederum später, gelegentlich auch noch um 20 Uhr.

Leider erklingen vielerorts nur am Samstag Nachmittag die Glocken, bei Festtagen unter der Woche verzichtet man darauf, sicher oft auch aus Bequemlichkeit oder schlichtweg aus Unwissenheit heraus, dass dieses Läuten - wie oben erklärt - eigentlich eine liturgische Funktion hat und somit vor jedem Sonn- und Festtag stattfinden sollte.

In Dietfurt jedoch läuten wir auch Festtage unter der Woche ein. Je nach Rang des Sonn- bzw. Festtags kommen dabei unterschiedlich viele Glocken zum Einsatz.

Das Angelusläuten

Dreimal täglich - morgens, mittags und abends - ruft eine Glocke zum Gebet, in dem man die Muttergottes grüßt und der Menschwerdung Gottes gedenkt. Es handelt sich hierbei um das „Angelusläuten“ bzw. auch „Gebetläuten“ oder „Ave-Läuten“ genannt. Im Volksmund sagt man: „Man betet den Engel des Herrn“, bezogen auf den Gebetsanfang „Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft und sie empfing vom Heiligen Geist …“

Das Läuten der Kirchenglocken zum Gebet zu bestimmten Tageszeiten gewann im Hochmittelalter zunehmend an Bedeutung. Die Ursprünge liegen auch hier wieder in der Gebetspraxis der Klöster. Ungefähr seit dem 14. Jahrhundert war ein zweimaliges Gebetläuten in unserem Kulturkreis weit verbreitet. Es trennte zum einen ganz praktisch den Tag von der Nacht, zum anderen wurde durch dieses Zeichen und die damit verbundene Aufforderung zum Gebet der gesamte Tagesablauf unter den Schutz Gottes gestellt.

Papst Pius V. führte schließlich 1571 Jahr das dreimalige tägliche Angelus-Gebet in seiner heute noch gebräuchlichen Form ein.

Während sich ursprünglich das morgendliche Läuten am Zeitpunkt des Sonnenaufgangs orientierte, wird heutzutage - wenn überhaupt noch - zu einer festen Zeit während des ganzen Jahres geläutet. In Dietfurt ist dies um 5:45 Uhr.

Das zweite Angelusläuten findet mittags um 12 Uhr statt.

Das abendliche Läuten soll sich jedoch nach wie vor ungefähr nach dem Sonnenuntergang richten. Somit schwankt die Zeit zwischen 17 Uhr im Winter und 21 Uhr im Sommer. An das abendliche Angelusläuten schließt sich zum Gedenken an die Verstorbenen meist noch eine kleinere Glocke an.

In Dietfurt erklingt zum Angelusläuten passenderweise unsere zweitgrößte Glocke, die Marienglocke. Abends läutet dann die kleine Sebastiansglocke nach.

Das Elfuhrläuten

Dieser besonders in bäuerlich geprägten, ländlichen Regionen zu findende Läutebrauch hatte in früheren Zeiten eher eine weltliche Signalfunktion: Da man sich mittags um 12 Uhr, also beim Angelusläuten, am Mittagstisch versammelte, sollte das Läuten eine Stunde zuvor die auf dem Feld arbeitenden Bauern darauf aufmerksam machen, dass bald Mittag ist. Eine Uhr hatte ja niemand dabei und auch die Kirchturmuhr war in größerer Entfernung nicht mehr zu lesen. Für die Bäuerinnen bedeutete dies, die Feldarbeit schon um 11 Uhr zu unterbrechen und nach Hause zu gehen, um das Mittagessen vorzubereiten. An diesem Brauch sieht man auch wieder schön, wie sehr das Glockengeläut früher den Tagesablauf der Menschen prägte und strukturierte.

Heutzutage ist das Läuten um 11 Uhr eigentlich nicht mehr notwendig, da jeder Mensch eine Uhr besitzt und der Arbeitsrhythmus der Berufstätigen sich ohnehin nur noch in seltenen Fällen nach den Gebetszeiten richtet.

Dennoch hat sich der Brauch des Läutens um 11 Uhr vielerorts bis heute erhalten, so auch in Dietfurt. Dabei erklingt von Montag bis Donnerstag sowie am Samstag die Paternosterglocke vom Turm der Stadtpfarrkirche. Dies ist der einzige Anlass, bei dem diese Glocke solistisch zu hören ist. Am Freitag hingegen bekommt das Elfuhrläuten im wahrsten Sinn des Wortes ein besonderes Gewicht, da hierzu die größte unserer Glocken im Einsatz ist.

Das Freitagsläuten

Während Montag bis Donnerstag und Samstag in Dietfurt der alte Brauch des „Elfuhrläutens“ noch praktiziert wird und dazu die Paternosterglocke erklingt, kann man am Freitag um 11 Uhr die große Ägidiusglocke hören.

Dieses „Freitagsläuten“, das in beiden Konfessionen üblich ist, kann regional zu sehr unterschiedlichen Zeiten stattfinden und soll wöchentlich an das Karfreitagsgeschehen erinnern. Jede Uhrzeit rückt jedoch einen bestimmten Aspekt des Heilsgeschehens am Karfreitag in den Mittelpunkt:

  • 9 Uhr: Kreuzigung
  • 11 Uhr: Leiden Jesu
  • 15 Uhr: Sterbestunde Jesu
  • 16 Uhr: Kreuzabnahme

Die am weitesten verbreiteten Läutezeiten dürften 11 Uhr (z. B. unsere Region, Allgäu u. a.) bzw. vor allem 15 Uhr (z. B. Nürnberger Raum, Vorarlberg, Tirol u. a.) sein. Die evangelischen Kirchengemeinden rund um Sulzbürg und in Pyrbaum wiederum läuten schon um 9 Uhr.

Auch die Zahl der verwendeten Glocken kann variieren. Häufig erklingt, wie in Dietfurt, die große Glocke alleine (oder wahlweise eine Glocke, die Christus gewidmet ist). Im Allgäu, in Vorarlberg oder auch rund um Sulzbürg beispielsweise ist es aber üblich, mit mehreren oder sogar mit allen Glocken zu läuten.

Mancherorts wird zusätzlich mit dem „Angstläuten“ am Donnerstag noch der Todesangst Christi am Ölberg gedacht. Dazu erklingt nach dem abendlichen Angelusläuten die große Glocke. In Dietfurt war dieser Brauch früher übrigens auch üblich und ist es mittlerweile wieder.